„Unsere Innenwelt ist in Resonanz mit der Außenwelt.“
„Unsere innere Dynamik strebt nach Stimmigkeit – auch im Außen.“
1. Lebens- und Ich-Dimensionen
Wenn Sie sagen: „Ich bin.“, sprechen Sie von Ihrem Ganzen, Ihrem „Ich“. Dieses lebt in Resonanz zu allen Lebensdimensionen: im Physischen: „Ich bin ganz in meinem Körper bei mir.“, im Sozialen: „Ich bin ein Mitglied meiner Familie.“, im Kulturellen: „Ich bin ein Bürger in meinem Land.“, im Globalen: „Ich bin ein Teil der Menschheit und Biosphäre.“ und im größeren kosmischen Ganzen: „Ich bin ein Teil des Universums.“. In Ihrer Resonanz zu diesen Lebensdimensionen nehmen Sie wahr, gestalten mit, reflektieren und lernen Sie.
Um in diesen mehrdimensionalen Beziehungen leben zu können, hat unser Gehirn im Laufe der Evolution entsprechende Regionen und Netzwerke entwickelt, die sich zwar nicht trennen, wohl aber unterscheiden lassen – ganz analog zu den Lebensdimensionen. Sie repräsentieren dimensional komplexere Beziehungszustände des Ich, also Kategorien von Ich-Zuständen, die hier und im Folgenden „Ich-Dimensionen“ genannt werden.
Abbildung 2: Ungefähre Lage der Repräsentanzen von Ich-Dimensionen in Hirnstrukturen
Die erste Ich-Dimension wird im Hirnstamm und der „unteren limbischen Ebene“ (Roth 2019, S. 89f) repräsentiert. Sie ist u.a. für die Beziehungen in unserer physikalisch-chemischen Umgebung zuständig und reguliert die Temperatur, den Sauerstoff- und Säuregehalt des Blutes u.v.a.
In der mittleren und oberen limbischen Ebene nach Roth befinden sich die Regionen und Verschaltungen, die für unsere direkten mitmenschlichen Beziehungen zuständig sind, für die soziale 2. Ich-Dimension.
In der Großhirnrinde, insbesondere dem linken Neocortex, lokalisiert Roth die Zentren und Vernetzungen, die unser Leben in der Kultur, der 3. Lebens- und Ich-Dimension mitgestalten. In dieser 3. Ich-Dimension sprechen wir und nutzen bewusst andere Zeichensysteme wie Geld sowie Werkzeuge und Regeln. Ein großer Teil unseres bewussten Lebens spielt sich heute in der Sprache ab. „Wir leben in der Sprache.“, schreiben Maturana u. Varela (1987). In mehreren asiatischen Sprachen wie im Japanischen und Vietnamesischen werden anstelle von ‚Ich‘ unterschiedliche Beziehungen angeführt, also Ich-Zustände in Bezug zur Familie, zum Beruf usw., die für eine jeweils aktuell beschriebene Situation von Bedeutung sind. Sie sehen und beschreiben ihr Ich immer in Beziehung zu anderen Systemen. Dies entspricht unserer Definition von Ich-Zuständen, die in ihrem Bezug zu jeweils einer Lebensdimension hier als Ich-Dimension zusammengefasst werden.
Eine global geistige, integrierende 4. Ich-Dimension können wir womöglich anhand einiger besonderer Funktionen im Frontallappen (Präfrontaler Cortex PFC) lokalisieren. Hier wurde z.B. die Sinnorientierung (Spitzer 2007) und das Gespür für Fairness im rechten Präfrontallappen (Knoch 2006, 2007) nachgewiesen.
Die Marmor-Skulptur „Kommunikation“ (im Header-Foto der Startseite) ist von Dietlind Petzold: www.studio-amaranta.com.