2. Ein evolutionär systemisches Menschenbild

Die Evolution der Lebewesen zeigt eine Entwicklung zu immer komplexeren Lebewesen. Diese sind keineswegs anpassungs- oder überlebensfähiger als die ursprünglichen Bakterien, aber gestaltungsfähiger und sie können kooperativ und individuell mehr und vor allem komplexere Informationen verarbeiten. Wir können Lebewesen einschließlich uns selbst als Fraktale (selbstähnliche Teil-Einheiten) eines schöpferischen Universums verstehen. Diese Sicht impliziert ein evolutionär systemisches Menschenbild.

Der Mensch ist als Teilsystem letztlich eines ganz großen Ganzen in Resonanz mit seinen übergeordneten Systemen wie Familie, Kultur, Biosphäre, Sonnensystem… Als Teilsystem können wir das übergeordnete große Ganze prinzipiell nicht vollständig erkennen. Aus dieser Erkenntnis folgert Demut gegenüber dem Leben.

Die Evolution ist das Ergebnis von Kooperation, von Zusammenwirken unterschiedlicher Teilsysteme in ihren Umwelten – partnerschaftlich bottom-up und in maßgeblichen Übersystemen top-down. Die von Darwin und den meisten Evolutionsbiologinnen so hervorgehobene Selektion ist ein zweitrangiger Aspekt der top-down-Kooperation. 

Die Sichtweise auf die Evolution hat bedeutsame Auswirkung auf die Metatheorie und Ethik für Gesundheitsberufe. Eine Überwindung des Darwinismus in einer integrierenden Evolutionstheorie erscheint mir für eine Metatheorie gesunder Entwicklung dringend erforderlich. Dazu gibt es schon viele gute Ansätze auch von Evolutionsbiologinnen (Margulis L (2018) „Der symbiotische Planet oder Wie die Evolution wirklich verlief“; Losos JB (2018) „Glücksfall Mensch – Ist Evolution vorhersagbar?“; Bauer (2008) „Das kooperative Gen“; Petzold (2000) „Resonanzebenen – die Evolution der Selbstorganisation“; (2021) „Schöpferisch kommunizieren…“.

Abbildung 5: Systemisches Evolutionsmodell – Kooperation in Lebensdimensionen. Im Laufe der Evolution auf der Erde entwickeln sich die Lebewesen zu immer komplexeren Einheiten. Der Grad der Komplexität ist hier nach oben hin dimensional zunehmend. Attraktiv für diese Evolution ist die Kohärenz der Systeme in sich und im größeren Ganzen. Diese ist durch die gelbe Säule in der Mitte dargestellt, um die die Dynamiken kreisen. Die Kohärenz von Übersystemen ist maßgeblich für die Kooperation seiner Teilsysteme. Wenn sich ein Lebewesen von der Kohärenz weiter entfernt, nennen wir es Erkrankung. Gesundungsprozesse bedeuten, dass es sich wieder in Richtung Kohärenz annähert. Derartige Entfernungen von der Kohärenz können in jeder Dimension auftreten, häufig kommt es zur Zeit zwischen den sozialen und kulturellen Beziehungen vor.

 

Die Marmor-Skulptur „Kommunikation“ (im Header-Foto der Startseite) ist von Dietlind Petzold: www.studio-amaranta.com.